Vom Gewinnen zur Kooperation

Was wäre, wenn Politik weniger ein Wettstreit wäre und mehr ein gemeinsames Spiel?

von Silke Knöbl, August 2024

Geht es beim Spielen immer ums Gewinnen?
Diesen Sommer habe ich angefangen, Billard zu spielen. Die Spielfreude war gross. Doch zunehmend stellte sich Wettbewerb ein – es gab Gewinner und Verlierer, und die Energie veränderte sich.

Das hat mich an etwas erinnert, was ich im «Pioneers of Change»-Kalender für August gelesen habe: Nipun Mehta spricht vom «unendlichen Spiel». «Den Job gewinnen, befördert werden, Besitztümer erwerben. Was aber, wenn wir unsere Perspektive ändern und stattdessen ein unendliches Spiel spielen? Es wird nicht gespielt, um zu gewinnen, sondern um das Spiel in Gang zu halten. Wer dieses Spiel spielt, agiert mit einem tiefen Verständnis dafür, dass das Leben kein Wettlauf zur Ziellinie ist, sondern eine sich entwickelnde Reise. (…)»

Das Streben nach Wettbewerb treibt auch an und motiviert. Das ist ja auch gut so. Aber was wäre, wenn wir unseren Umgang damit hinterfragen? Was, wenn wir das Leben nicht als Spiel mit klaren Gewinnern und Verlierern betrachten, sondern als «unendliches Spiel»? Ein Spiel, bei dem es nicht ums Gewinnen geht, sondern darum, das Spiel gemeinsam fortzusetzen.

Stell dir vor, Politik könnten genauso verspielt sein wie ein gemeinsames Spiel. Anstatt sich nur auf starren Regeln und Konkurrenzdenken zu stützen, könnte die Politik Räume schaffen, in denen Kreativität, Austausch und gemeinsames Lernen im Vordergrund stehen.

Menschen könnten eingeladen werden, ihre Ideen in spielerischen Formaten wie Workshops oder interaktiven Plattformen einzubringen, wo es weniger um das Durchsetzen des eigenen Standpunkts und mehr um das gemeinsame Entwickeln von Lösungen geht.

In solch einer verspielten Politik könnten unterschiedliche Ansichten nicht nur toleriert, sondern aktiv genutzt werden, um innovative Ansätze zu finden. Dabei geht es nicht darum, wessen Idee am besten ist, sondern darum, wie man gemeinsam das beste Ergebnis erzielt. Verspieltheit in der Politik könnte bedeuten, dass wir uns trauen, unkonventionelle Wege zu gehen, Fehler als Teil des Prozesses anzusehen und immer wieder neu anzusetzen, um besser zu werden.

Es könnte auch heissen, dass wir den Fokus von Konkurrenz auf Kooperation verschieben und die Politik als einen lebendigen Prozess verstehen, an dem alle (die mögen) aktiv und kreativ teilnehmen können. So könnte Politik nicht nur effektiver, sondern auch menschlicher und nahbarer werden. Und Politik wäre nicht nur eine ernste Sache, sondern auch ein Spiel, das Spass macht.

Vielleicht ist es an der Zeit, Politik als ein gemeinsames Spiel zu sehen – eines, bei dem nicht der Sieg zählt, sondern wie gut wir «zusammen spielen».

 

Bildquelle:
textimum.li 

Autorin:
Silke Knöbl ist Prozessbegleiterin/Coachin und Kommunikationsspezialistin. Sie befasst sich vor allem mit Selbstwirksamkeit, (Bürger-)Beteiligung und Transformation. Weitere Blogbeiträge von ihr finden sich in Silky Way – das Impactblog

 

zur Übersicht