Happy Birthday, liebes Interview. 158 Jahre jung – und kein bisschen alt.
von Silke Knöbl, März 2025
Als 1867 ein gewisser Joseph Burbridge McCullagh von der «New York Associated Press» die feste Rubrik «The Interview» einführte, hielt sich die Begeisterung in Grenzen.
Die Zeitung «The Nation» lästerte, es sei «ein vereinigtes Produkt aus dem Humbug eines Politikers und dem anderen Humbug eines Zeitungsschreibers». (Quelle: Das Interview, Michael Haller, 5. Auflage).
Tja – falsch gedacht.
Kluge Fragen und offene Ohren
Heute ist das Interview eine der spannendsten journalistischen Darstellungsformen. Menschen treffen sich, um ein Thema gemeinsam zu erörtern. Kritische Fragen. Unterschiedliche Perspektiven, die mit offenen Ohren und klugen Fragen erkundet werden und auch Raum für Selbstreflexion bieten.
Das Wort Interview kommt aus der englischen Hofsprache und heisst so viel wie Zusammentreffen. Damit gab Joseph Burbridge McCullagh der damals noch ungewöhnlichen Darstellungsform einen Namen.
Gegen 1884 fand diese Darstellungsform seinen Weg nach England, und es wurden dort ebenso Interviews geführt. Es dauerte nicht lange, bis es auch im deutschsprachigen Raum Mode wurde, zum Interview einzuladen.
Türöffner für Dialog
In meiner Rolle als Kommunikationsspezialistin und Texterin liebe ich diese Form – neben dem Porträt – ganz besonders. Warum? Unter anderem weil die erste Frage ein so schöner Türöffner ist. Für ein Lächeln oder ein Stirnrunzeln. Manchmal auch für Irritation. Immer ist es aber ein Moment des Innehaltens.
Zwei Beispiele:
– Interview mit einem CEO in der Luxushotellerie: Herr X, Sie sind Chef von über 700 Mitarbeitenden. Kennen Sie jeden persönlich?
– Interview mit einem Patentanwalt: Herr Z, Sie besitzen kein Handy. Wurde das passende für Sie noch nicht erfunden?
Das Interview lebt von Nähe, von echter Neugier und vom Mut zu klugen Fragen. Und ein bisschen Humor darf bei mir auch nicht fehlen.
Ich finde: Das Interview ist eine unglaublich schöne, co-kreative Idee.
Danke, liebes Interview. Schön, dass es dich gibt.
Und: Keine schreibt so leidenschaftlich gerne Interviews wie ich. Da wird sogar die KI neidisch. Da bin ich mir sicher.
Das Bild zeigt mich in einer Interviewsituation – vor einem Jux-Fussballmatch der steirischen «Damenfussball-Legenden». 😉
Bildquelle: Martin Hoeller, Franz Bergmann
Textquelle: Das Interview, Michael Haller, 5. Auflage
Autorin:
Silke Knöbl ist Prozessbegleiterin, systemische Coachin und Kommunikationsspezialistin. Sie begleitet Menschen in Veränderungsprozessen und befasst sich vor allem mit Selbstwirksamkeit, (Bürger-)Beteiligung und Transformation. Weitere Blogbeiträge von ihr finden sich in Silky Way – das Impactblog.